Australiens Bergbaugigant macht eine teure Wette auf Kupfer
Bergbaugigant BHP macht Übernahmeangebot für Anglo American. Der Milliarden-Deal wäre die größte Fusion in der internationalen Bergbaubranche seit Langem.
Der größte australische Konzern BHP, einer der Bergbaugiganten der Welt, will seinen Konkurrenten Anglo American übernehmen. Der Milliarden-Deal wäre die größte Fusion in der internationalen Bergbaubranche seit Langem. Anglo American reagierte am Donnerstagmorgen in London auf „Pressespekulationen“ und bestätigte, dass dem Unternehmen eine unaufgeforderte und unverbindliche Offerte zugegangen sei, die an strenge Bedingungen geknüpft sei. Zu den Bedingungen gehören unter anderem die Abspaltung der Platin-Sparte und der Kumba-Eisenerzminen in Südafrika, die wichtige Teile des Konzerns sind. BHP will die Übernahme rein mit Aktien bezahlen.
In dem Angebot bewertet BHP den kleineren Konkurrenten mit 31,1 Milliarden Pfund (rund 36 Milliarden Euro). Auf die einzelne Aktie heruntergerechnet, bieten die Australier damit einen Gegenwert von 25,08 Pfund (etwa 29,20 Euro) je Anteilsschein. Gegenüber dem Börsenkurs von Anglo American vom Vortag entspricht dies einem Aufschlag von 14 Prozent.
Die Börse in London reagierte am Donnerstag nach Bekanntwerden der Übernahmeabsicht zeitweise mit einem Kurssprung von 13 Prozent für die Aktien von Anglo American. Die Anteile von BHP lagen dagegen im Handelsverlauf rund 3 Prozent im Minus. Anglo American schrieb, dass BHP nach den geltenden Börsenregeln nun bis zum 22. Mai Zeit habe, ein formelles, bindendes Angebot vorzulegen.
BHP, mit einer Marktbewertung von umgerechnet etwa 135 Milliarden Euro, ist vor allem für den Abbau von Eisenerz, Kupfer, Nickel und Kohle bekannt. Anglo American mit einem Börsenwert am Donnerstag von gut 33 Milliarden Pfund (rund 38,6 Milliarden Euro) besitzt auch große Kupferminen in Chile und Peru. Eine Fusion würde BHP zum größten Kupferproduzenten der Welt machen, vor dem chilenischen Kupferkonzern Codelco. Analysten sagen, dass es BHP-Vorstandschef Mike Henry vor allem auf die Kupferaktivitäten abgesehen habe. Der Preis des Industriemetalls hat sich zuletzt stark entwickelt. Zudem sagt er, es gebe erheblichen Investitionsstau für das Metall. Kupfer ist für die Elektrifizierung der Weltwirtschaft ein wichtiger Rohstoff.
In Australiens Finanzpresse wurde darüber spekuliert, dass BHP das Angebot zur Übernahme möglicherweise zum aktuellen Zeitpunkt abgibt, da Anglo American geschwächt sei. Vorstandschef Duncan Wanblad habe das Vertrauen der Anleger verloren. Der Aktienkurs ist in den vergangenen zwei Jahren um fast 50 Prozent eingebrochen. Im Dezember etwa hatte das Unternehmen die Börse geschockt, indem es seine Produktionsziele gesenkt hatte.
BHP hatte schon im vergangenen Jahr den australischen Kupferkonkurrenten OZ Minerals für 9,6 Milliarden australische Dollar (rund 5,8 Milliarden Euro) übernommen. Konzernchef Henry hat immer wieder davor gewarnt, dass es nicht nur infolge des Schwenks zu Autos mit Elektromotor nicht genügend Kupfer geben werde. Das Metall wird auch für den Bau von Infrastruktur, in Windkraftanlagen und für Mikroprozessoren für den Einsatz in Künstlicher Intelligenz gebraucht. Daneben wettet BHP darauf, dass der Wegzug von Hunderten Millionen Menschen in Indien und China vom Land in die Städte die Nachfrage in den kommenden Jahrzehnten auf das Doppelte anwachsen lassen könnte. Denn Kupfer wird zum Beispiel in Stromkabeln verbaut.
Eine Fusion würde zudem die Kohlebergbau-Aktivitäten von BHP in Queensland in Australien verstärken, wo Anglo American ebenfalls Hüttenkohle fördert. Zu Anglo American gehört unter anderem auch De Beers, der größte Diamantenproduzent der Welt (Anteil: 85 Prozent). Dieser musste jüngst eine Kürzung der Produktionsprognose verkünden. Im ersten Quartal ist die Diamantförderung um fast ein Viertel gesunken. Die Preise stehen wegen Überproduktion, voller Lagerbestände und einer schwachen Nachfrage unter Druck. Allein im vergangenen Jahr war der Aktienkurs von Anglo American um rund 40 Prozent gefallen. In diesem Jahr liegt er nach dem aktuellen Sprung 26 Prozent im Plus.
Analysten der Investmentbank Jefferies schreiben, es könnte möglicherweise einen Bieterwettkampf um Anglo American geben. BHP sei potentiell nicht der einzige Interessent. Das Übernahmeziel passe strategisch gut zum BHP und anderen Bergbaukonkurrenten wegen potentieller Synergien, der Qualität der Assets und besonders des Kupfer-Schwerpunkts. „Nach unserer Analyse besteht Anglo aus einem unterbewerteten Portfolio von mehreren erstklassigen Assets, von denen mehrere in risikoarmen Ländern (Australien, Chile, Peru, Brasilien) liegen“, schrieb Jefferies.
Unklar ist, was die Regulatoren auf der Welt zu einer möglichen Übernahme sagen würden. Schon ohne Anglo American dürfte BHP bald größter Kupferproduzent sein. Mit dem Geschäft der Briten würde die Produktion auf weit mehr als 2 Millionen Tonnen im Jahr steigen. Das entspricht in etwa 10 Prozent der 2023 auf der Welt produzierten Menge.