Aufruf zu Demonstrationen nach Angriffen auf SPD-Politiker
Eine Demonstration des Dresdner Bündnisses „Wir sind die Brandmauer Dresden“ im Februar 2024.
Nach den jüngsten Attacken auf Politiker und Wahlkampfhelfer haben zwei Bündnisse für diesen Sonntag zu spontanen Demonstrationen in Berlin und Dresden aufgerufen. Das Internetportal „Zusammen gegen Rechts“ und das Bündnis „Wir sind die Brandmauer Dresden“ veröffentlichten am Samstagabend entsprechende Aufrufe auf ihren Instagram-Kanälen. „Gewalt hat keinen Platz in unserer Demokratie!“, hieß es darin.
In Berlin soll ab 18 Uhr vor dem Brandenburger Tor protestiert werden, in Dresden ab 17 Uhr am Pohlandplatz. Die Bündnisse hatten bereits im Februar zu Demonstrationen gegen rechts aufgerufen. In dem Aufruf der Bündnisse heißt es weiter, man wolle gemeinsam als demokratische Zivilgesellschaft Haltung zeigen. „Niemand sollte um seine Sicherheit fürchten müssen, weil man sich politisch engagiert oder in einer Partei aktiv ist!“, hieß es. „Diese Demokratie lassen wir uns nicht durch Gewalt zerstören.“
Am Freitagabend war der sächsische SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Matthias Ecke, von vier Unbekannten beim Aufhängen von Wahlplakaten in Dresden zusammengeschlagen worden. Der 41-jährige Europaabgeordnete liegt seitdem im Krankenhaus und musste operiert werden. Kurz zuvor hatte laut Polizei mutmaßlich dieselbe Gruppe in der Nähe bereits einen 28-jährigen Wahlkampfhelfer der Grünen angegriffen und verletzt.
Innenminister sollen über Schutzmaßnahmen beraten
Die Vorfälle von Dresden reihen sich ein in eine bundesweite Folge von Angriffen auf Parteimitglieder vor der Kommunal- und Europawahlen am 9. Juni. Erst am Donnerstagabend waren in Essen nach einer Grünen-Veranstaltung der Bundestagsabgeordnete Kai Gehring und sein Parteikollege Rolf Fliß nach eigenen Angaben attackiert und Fliß dabei geschlagen worden. Die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin-Göring-Eckardt war vor einer Woche in Ostbrandenburg nach einer Veranstaltung aggressiv bedrängt und an der Abfahrt gehindert worden. Im niedersächsischen Nordhorn wurde am Samstagmorgen ein Landtagsabgeordneter der AfD nach Polizeiangaben an einem Infostand geschlagen.
Dabei hat sich die Zielgruppe der Angreifer in den vergangenen Jahren etwas verlagert: Waren noch 2019 vor allem Vertreter der AfD Ziel von Anfeindungen, so sind es nun die Grünen. Für die AfD wurden 2023 nach vorläufigen Zahlen bundesweit 478 Fälle aktenkundig, für die Grünen 1219. Für alle Parteien wurden von 2019 bis 2023 insgesamt 10 537 Straftaten gemeldet, wie aus einer Regierungsantwort auf eine Kleine Anfrage aus der AfD-Fraktion hervorgeht.
In der kommenden Woche sollen die Innenminister von Bund und Ländern auf einer Sonderkonferenz über Schutzmaßnahmen beraten. Das habe Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angeregt, wie der „Tagesspiegel“ unter Berufung auf Regierungskreise berichtete. Eine entsprechende Bitte richtete Faeser an den derzeitigen Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchef Michael Stübgen (CDU).