Arizona kippt drakonisches Abtreibungsgesetz von 1864
Die Regelung war offenbar selbst manchen Republikanern zu hart: Das nahezu komplette Abtreibungsverbot in Arizona wird wieder ausgesetzt. Dahinter dürfte auch Wahlkampfkalkül stecken.
Arizona kippt drakonisches Abtreibungsgesetz von 1864
Der Protest war erheblich gewesen. Und am Ende machten sogar manche Republikaner einen Rückzieher. Im US-Bundesstaat Arizona hat das Parlament die dauerhafte Wiedereinführung eines 160 Jahre alten Abtreibungsverbotes abgewendet. Das Oberste Gericht des Bundesstaates hatte im April erlaubt, das umstrittene Gesetz aus dem Jahr 1864 wieder anzuwenden. Das Parlament stemmte sich nun jedoch dagegen, noch bevor diese Regelung in Kraft getreten ist.
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Arizona ist einer der Swing States, die letztlich entscheidend für den Ausgang der Präsidentschaftswahl am 5. November sind. Dieser Fakt dürfte bei den jüngsten Entscheidungen zumindest eine teilweise Rolle gespielt haben.
Nach dem Repräsentantenhaus stimmte am Mittwoch (Ortszeit) auch der Senat von Arizona mit einer knappen Mehrheit dafür, das Abtreibungsverbot aus dem 19. Jahrhundert wieder aufzuheben. Es untersagt Abtreibungen in allen Phasen der Schwangerschaft, selbst in Fällen von Vergewaltigung oder Inzest. Ausnahmen gelten nur, wenn das Leben der betroffenen Frau gefährdet ist.
Die demokratische Gouverneurin von Arizona, Katie Hobbs, muss das nun beschlossene Gesetz zur Aufhebung des Verbots noch unterzeichnen, was aber als Formalie gilt.
Hobbs hatte sich dafür eingesetzt, die Rückkehr zu der uralten Regelung zu stoppen. Sie äußerte sich am Mittwoch auf der Plattform X erleichtert über das Senatsvotum, bei dem sich einzelne Republikaner auf die Seite der Demokraten schlugen und dem Vorhaben zur Mehrheit verhalfen.
Dabei spielen auch wahltaktische Überlegungen eine zentrale Rolle. Während manche Hardliner unter den Republikanern möglichst strenge Abtreibungsregeln fordern – bis hin zu einem kompletten Verbot –, verweisen andere auf mögliche Wählerstimmen, die dadurch verloren gehen könnten.
Das Thema Schwangerschaftsabbruch polarisiert in den USA extrem. Für Donald Trump ist das Abtreibungsrecht ein schwieriges Thema, da es ihn potenziell wichtige Wahlstimmen im Kampf um das Weiße Haus im November kosten könnte. Der Rechtspopulist genießt starken Rückhalt in konservativ-evangelikalen Gruppen, die Abtreibungen vehement ablehnen.
Zugleich ist er auf unentschlossene Wähler in den sogenannten Swing States angewiesen, die von derart drakonischen Regelungen abgeschreckt werden könnten. Trump selbst hatte erklärt, das Verbot in Arizona gehe zu weit und müsse »in Ordnung gebracht werden«.
Verbot könnte gelten – für sehr kurze Zeit
US-Medien zufolge könnte das umstrittene Abtreibungsverbot von 1864 möglicherweise doch für kurze Zeit in Arizona in Kraft treten, weil das nun beschlossene Aufhebungsgesetz erst mit Verzögerung greift.
Das Verbot kriminalisiert nicht direkt Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch wünschen. Stattdessen richtet es sich Personen, die ihnen dabei helfen: also etwa Ärzte. Zwar war das Gesetz 1973 mit dem landesweit verfassungsmäßig geschützten Recht auf Abtreibung in den USA ungültig geworden – es wurde aber nie wirklich abgeschafft.
Im Juni 2022 kippte der Supreme Court mit seiner konservativen Mehrheit dann das landesweite Recht auf Abtreibung, das fast 50 Jahre lang Gültigkeit gehabt hatte. Seitdem können die Bundesstaaten eigenständig über Regeln zum Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Entstanden ist dadurch ein rechtlicher Flickenteppich.
So sind Schwangerschaftsabbrüche in diversen Bundesstaaten inzwischen praktisch verboten, während andernorts eine im Vergleich zu deutschen Verhältnissen weiterhin recht liberale Gesetzgebung gilt. In Arizona sind Abtreibungen derzeit ab der 15. Schwangerschaftswoche verboten.