EU-Führerscheinrichtlinie: Europaparlament gegen Gesundheitstests für Senioren

eu-führerscheinrichtlinie: europaparlament gegen gesundheitstests für senioren

Auch im Alter am Steuer: Betagte Menschen behalten ohne gesonderten Test den Führerschein.

Es war die große Stunde der französischen Grünen Karima Delli. Mit gehobenem Daumen und gesenktem Daumen signalisierte die Berichterstatterin für die EU-Führerschein-Richtlinie am Mittwoch im Straßburger Europaparlament ihren Gefolgsleuten, für welche Änderungsanträge sie stimmen und welche sie ablehnen sollten. Übrig geblieben ist von ihren eigenen Vorstellungen dabei wenig. Im Sommer noch wollte Delli den Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission drastisch verschärfen. Sie forderte regelmäßige Tauglichkeitsprüfungen für Senioren, maximale Führerscheinlaufzeiten von fünf Jahren vom 70. Lebensjahr sowie zwei Jahren vom 80. Lebensjahr an und brachte Nachtfahrverbote für Fahranfänger ins Spiel.

Im Verlauf des Gesetzgebungsprozesses musste sie aber immer weiter zurückrudern. Auch den Grünen im Europaparlament ging vieles zu weit. Schon der Verkehrsausschuss strich im Dezember alle Beschränkungen für Senioren. So ging es am Mittwoch nur noch um eine einzige Frage: Ob die – künftig alle 15 Jahre nötige – Erneuerung von Führerscheinen an einen verpflichtenden Gesundheitstest in Form eines Seh-, Hör- und Reaktionstests geknüpft werden soll. Im Ausschuss hatte es dafür noch eine knappe Mehrheit von einer Stimme gegeben. Christdemokraten, Liberale und Sozialdemokraten hatten sich aber dagegen ausgesprochen.

Mehrheit lehnt obligatorische Gesundheitschecks ab

Am Ende folgte die Mehrheit des EU-Parlaments dieser Linie. Die obligatorischen Gesundheitschecks wurden von der Mehrheit der Europaabgeordneten abgelehnt. Auch Selbsttests sind nicht mehr vorgesehen. Eine Ausnahme gibt es davon nur für professionelle Fahrer. Den Mitgliedstaaten wird aber freigestellt, ob sie Gesundheitschecks einführen wollen.

Damit bewegt sich das Parlament weitgehend auf der Linie des Ministerrats, mit dem es nun noch über eine gemeinsame Position verhandeln muss. Erst wenn es die gibt, kann das Gesetz in Kraft treten. Der Ministerrat hatte sich Anfang Dezember ebenfalls gegen obligatorische Gesundheitschecks sowie Tauglichkeitsprüfungen und Auffrischungskurse für Senioren ausgesprochen. Er stellte den Mitgliedstaaten allerdings frei, das auf nationaler Ebene einzuführen.

Die Gültigkeit des Führerscheins soll, wie nun auch vom Europaparlament beschlossen, auf 15 Jahre begrenzt werden. Auch hier sieht der Ministerrat allerdings vor, dass die EU-Staaten die Gültigkeitsdauer vom 65. Lebensjahr an verkürzen können. Die Bundesregierung hatte allerdings schon unmittelbar nach dem Votum des Ministerrats angekündigt, davon keinen Gebrauch machen zu wollen.

Digitaler Führerschein als neue Wahl-Option

Für deutsche Autofahrer wird sich damit wenig ändern. Das gilt auch für Fahranfänger. Die zweijährige Probezeit inklusive Null-Toleranz (0,2 Promille) beim Alkoholkonsum gilt hierzulande schon. Die Möglichkeit des begleiteten Fahrens vom 17. Lebensjahr an bleibt bestehen. Neu ist, dass alle EU-Bürger wohl von 2033 an zwischen einem herkömmlichen Führerschein auf Papier und einem digitalen Führerschein, etwa auf dem Smartphone, wählen können sollen. Sie können auch beides parallel nutzen.

Der FDP-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen begrüßte den Ausgang des Votums. „Verpflichtende Gesundheitstests hätten unser Gesundheitssystem überlastet und eine Bürokratielawine losgetreten“, sagte er. „Millionen von Menschen pauschal auf ihre Fahrtüchtigkeit zu testen ist völlig überzogen.“ Durch Krankheit beeinträchtigte Personen müssten schon heute einen Test machen, die Verkehrssicherheit sei damit ausreichend gewährleistet. Auch eine Altersdiskriminierung durch eine verkürzte Gültigkeitsdauer des Führerscheins für Senioren werde es nicht geben. Der Pauschalverdacht gegenüber älteren Menschen sei zu Recht abgelehnt worden.

„Es ist gut, dass wir den absurdesten Vorschlägen von Grünen und Linken bei der Revision der Führerschein-Richtlinie schon im Ausschuss Einhalt gebieten konnten“, sagte der CDU-Abgeordnete Jens Gieseke. Alltagsfremde und bevormundende Regeln wie Nachtfahrverbote für Fahranfänger, Tempolimits durch die Hintertür oder SUV-Führerscheine seien vom Tisch. Auch die von einigen geforderte Altersdiskriminierung habe verhindert werden können. Er beklagte aber, dass das neue Gesetz keine europaweite Anerkennung von Trecker-Führerscheinen vorsehe.

„Seit Jahren bestehen unterschiedliche Einschätzungen in den Mitgliedstaaten zum Thema Gesundheitschecks“, teilte die Delegation der deutschen Grünen mit. So befürworteten einige Länder, wie Italien, regelmäßige Checks in die Führerscheinrichtlinie aufzunehmen, weil sie die Verkehrssicherheit erhöhten. Andere Länder wiederum lehnten solche Gesundheitschecks als zu aufwendig ab. Auch im Europaparlament sei die Frage kontrovers diskutiert worden. Für beide Standpunkte gebe es gute Argumente.

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