American Western Saloon in Berlin-Reinickendorf: „Hier will ich tot vom Hocker fallen“

american western saloon in berlin-reinickendorf: „hier will ich tot vom hocker fallen“

Howdy! Viele Gäste kommen vor allem wegen der Musik von DJ Peter.

Im Berliner Norden, Bezirk Reinickendorf, liegt das Märkische Viertel. Hier ist Berlin grauer Plattenbau, Shoppingmall und soziale Ausgrenzung. 40.000 Menschen aus über hundert Nationen leben in der Siedlung. Geplant als Satellitenstadt in den 60er-Jahren – mittlerweile auch wegen Sidos Plattenbau-Ode „Mein Block“ in der Öffentlichkeit als Problembezirk abgestempelt.

Im geografischen Zentrum, zwischen katholischer Kirchengemeinde und der Großbaustelle eines weiteren Einkaufszentrums, liegt das Fontane-Haus, ein Kultur- und Veranstaltungszentrum. Format: brutalistischer Würfel. An der Südfassade, die Kirche erleuchtend, ein grell-oranges Schild, auch in Würfelform: „American Western Saloon“.

Wir folgen dem Schild, steigen eine kurze Treppe hinab und landen im Keller, in dem sich eine eigene Welt verbirgt: Frank Lange hat im Untergeschoss des Fontane-Hauses ein Refugium aus Holz, Cowboystiefeln und viel Amerika-Kitsch geschaffen – für Menschen, die noch „an die Idee des amerikanischen Westens“ glauben, wie er sagt. An der Decke kleben zwanzig ausgestopfte Hühner, Minimodelle von John-Deere-Traktoren, Hörner von Texas-Longhorn-Rindern. Die Wände sind tapeziert mit Ansichten amerikanischer Großstädte, Fotos von Saloon-Inhaber Lange im Siedlerkostüm, lauter Souvenirs aus vergangenen Tagen. Erinnerungen an die Welt da draußen – für ihn: die Weite Amerikas und seine Reisen dorthin.

Wir setzen uns und bestellen Jack-Daniels-Cola. „Doppelt, bitte!“

An der Theke steht Saloon-Sheriff Lange. Er ist groß, bärtig, Typ Trucker – jemand, der Sprüche drückt, die zusammenfahren lassen, sowas wie: „Ich mach dein Haus zur finnischen Dampfsauna!“ Lange trägt ein schwarzes Hemd mit kurzen Ärmeln und Jeans, Country eben. Im Laufe des Abends wird er meistens an der Theke bleiben oder im Raucherraum sitzen. Dieser Keller ist sein Lebenswerk. Über 30-mal ist er nach Nashville gereist und mit Koffern voller Dekoration zurückgekehrt. In den USA hat er die großen Stars der Szene getroffen, einige sogar nach Deutschland geholt. Die schwedischen Rednex („Cotton Eye Joe“) haben hier schon gespielt, The BossHoss drehten im Keller ihre Musikvideos.

In der europäischen Country-Szene kennt man Frank Lange und den „American Western Saloon“ in Berlin-Reinickendorf. Lange hat für viele Jahre eine der größten Country-Messen des Landes, das „Country Music Meeting“, organisiert: direkt über dem Saloon, im Fontane-Haus. 2021 war dann Schluss. Zu teuer, zu wenige Cowboys und Cowgirls. Das Ende einer Ära für Frank Lange.

Trotzdem reisen immer noch jedes Wochenende Besucher aus der ganzen Stadt und dem Umland in Langes Keller, um zu Country, Hillbilly und Country-Rock zu tanzen. Frank Lange träumt von einer einfacheren Welt, einer Welt, in der Holz, Leder und Schweiß die Gesellschaft zusammenhalten. Wir sind Fremde in dieser Welt. Das erkennt Lange sofort: „Keine Country-Leute!“, sagt er.

Für die wahren Country-Leute ist es die Musik des Mittleren Westens, die sie in den unterirdischen Saloon lockt. Freiheit ist für die Gäste hier kein politisches Statement, schon eher eine Melodie. Hier treffe sich eine Gemeinschaft von Outlaws, sagt ein Gast. Er kommt immer allein.

Unter der Woche trainieren im Saloon die Line-Dance-Enthusiasten. Line-Dance kann man sich als Gruppentanz in einer Reihe vorstellen, mit festen Choreografien und Cowboy-Verkleidung. Selbst eine amerikanische Botschafterin tanzte hier schon unter Personenschutz. „Country verbindet“, sagt Frank Lange. „Hier kommen alle hin, egal was sie tagsüber machen.“ An diesem Abend scheint es tatsächlich so zu sein. Der Gründer einer sehr bekannten freikirchlichen Wohlfahrtsorganisation sitzt in der zweiten Reihe. Direkt am Nachbartisch: eine Besucherin, die hauptberuflich ihre Mutter pflegt.

Die deutsche Obsession mit dem Mittleren Westen ist nichts Neues. Seit weit über hundert Jahren gibt es zwischen Teutoburger Wald und Erzgebirge mehr Tipi-Dörfer und Westernsaloons als in manchen Teilen der USA. Schuld daran ist wohl Karl May, einer der erfolgreichsten Autoren der deutschen Literaturgeschichte. Über 200 Millionen Exemplare von May-Werken liegen in deutschen Wohnungen. Mehr als zwei Bücher pro Bundesbürger. „Jeder hier hat Karl May gelesen“, vermutet Lange. Ein Gast am Rande des Saloons – er sitzt zwischen der lebensgroßen Figur eines Native American und einer Vitrine mit Jack-Daniels-Flaschen – widerspricht laut: „Karl May ist langweilig. Ich komme nur wegen der Musik.“

Mays Welt, darüber wurde in den letzten Jahren oft diskutiert, ist tief verbunden mit der Vorstellung einer Fremde, die es noch zu entdecken gäbe, mit Erzählungen über indigene Kulturen, mit unverfrorener Aneignung und kolonialer Symbolik, aber auch mit der Hoffnung auf Völkerverständigung. Und ja, die einschlägigen Debatten sind auch in Frank Langes Saloon angekommen. Es wird im Laufe des Abends immer wieder darüber gestritten. „Mittlerweile soll mir das alles hier verboten werden“, sagt Lange. In seiner Stimme liegt mehr als nur ein Quentchen Trotz. Der Saloon soll bleiben: „Eigentlich will ich hier tot vom Hocker fallen.“

Einem anderen Gast ist das alles schon zu viel: „Mit dem ganzen Cowboy hier, Cowboy da, Line-Dance-Tap-tap kann ich nüscht anfangen. Musik! Musik!“ An den Wänden im American Western Saloon hängen Konföderiertenflaggen, als Symbol der Südstaaten im Amerikanischen Bürgerkrieg von 1861 bis 1865 zum Symbol für Sklaverei und Unterdrückung geworden. Auch das ist Teil der Realität im Mittleren Westen – und der deutschen Imagination dieser Wirklichkeit. Viel vermengt sich im Bühnenbild des Saloons: ein Traum von Freiheit, Gemeinschaft, Akzeptanz – und ein Ausschluss des Fremden, ein Hinnehmen der Kolonisierung Amerikas und des Rassismus der Sklaverei.

Zurück im Saloon spielt die Band – Name Hardcore Troubadours, Musikstil eher Alternative Rock – mittlerweile „Heroes“ von David Bowie: „We could be heeeerroes, just for one day!“ Nicht wirklich Country, aber voll Berlin und immerhin auch ein Wunsch nach Freiheit. „I will be king.“ Einmal King sein, just for one day. Wir gehen in den Raucherraum. Hier treffen wir einen zweiten Frank. Schüchtern steht er in der Ecke, wirkt etwas verloren. Mit sanftem Blick zieht er an einem Zigarillo, seine Augen sind wässrig rot – der Tabak setzt ihm zu. Wir wollen wissen, warum er da ist, und erfahren Erstaunliches: Er war Europameister im Rodeo, Disziplin „Wild Horse Race“.

Drei Cowboys umringen ein wildes Pferd, zwei halten es, während einer aufspringt und es über eine festgelegte Distanz ohne Sattel reitet. „Das Härteste, was man machen kann!“ Nicht zu verwechseln mit Rodeo, das wäre auf dem Rücken eines Bullen zu reiten, ohne abgeworfen zu werden – wichtig! „23 Sekunden sind meine Bestzeit, aufgestellt während der Weltmeisterschaft in North Dakota“, erzählt uns dieser Frank. Weder Wehmut noch Stolz schwingen in seiner Erzählung mit. Er kommt jede Woche in den Saloon – nicht, um sich zu profilieren, sondern aus Liebe zur Idee des Country, zu der Musik, zu den Pferden. Auf einem Deutsch-Amerikanischen Freundschaftsfest in Steglitz, „irgendwann in den 90ern“, da kam die Country-Erleuchtung. Angefangen hat es mit der Musik. „Die Melodie der Freiheit“, sagt Frank. Der Sport hat sein Leben geprägt. Oft war er in den USA, erzählt von Weltmeisterschaften und der Weite North Dakotas. Frank Lange, der Saloon-Chef, nennt ihn einen „richtig irren Badass“ – ein Held? Just for one day!

In der deutschen Nachkriegszeit erfuhren diese Heldenwelt, das Rodeo und Wild Horse Racing ihre Höchstzeit. 1971 veranstaltete Alan Jacob, amerikanischer Cowboy und Abenteurer aus Kalifornien, zum ersten Mal ein Rodeo in Berlin. Nachdem er mit seinen Pferden, so die Legende, eine Bruchlandung am Frankfurter Flughafen hingelegt hatte, wurde er über Radiosendungen gesucht.

Er hatte sein Flugzeug kaputt in Frankfurt stehen lassen und war mit den Rodeo-Pferden verschwunden. Das Flugzeug wurde verschrottet, die Pferde blieben. Andere Rodeo-Turniere organisierten amerikanische Soldaten in der amerikanischen Zone: Kaiserslautern, die Ramstein Air Base und Rodeo, das gehörte zusammen. Mittlerweile gibt es kaum noch große Rodeo-Turniere in Deutschland. Alles ist kleiner geworden – durch Probleme mit dem Tierschutz, ein sinkendes Interesse an den USA und wegen Nachwuchssorgen.

Im Saloon ist es mittlerweile fast Mitternacht. Die ersten Cowboys gehen heim – bis sechs Uhr morgens tanzt hier keiner mehr. Früher, als Lange noch seine Country-Messe veranstaltete, da war das so. Wir gehen in Richtung Kellertreppe. Das orange Licht des Würfelschilds leuchtet draußen noch und leitet den Weg. Zurück nach oben. „Rodeo in Deutschland ist tot“, ruft uns der Rodeo-Europameister hinterher. Der andere Frank, der Saloon-Chef Frank Lange, stimmt zu: „Ich bin der letzte Überlebende der Berliner Country-Szene, der letzte!“

American Western Saloon: Fontane-Haus Kulturzentrum, Königshorster Str. 6, 13439 Berlin, Mi-Do 18-22 Uhr Fr-Sa 18-24 Uhr, Tel.: 030 40728780, www.western-saloon.de

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