AfD-Abgeordneter wird Bürgermeister in Großschirma

Der AfD-Politiker Rolf Weigand bei einer Wahlkampfveransaltung im Sommer 2019

Politische Reaktionen auf den zweiten Sieg der AfD bei einer Bürgermeisterwahl in Sachsen gab es am Montag kaum. Lediglich die Landesvorsitzende der sächsischen Grünen, Christin Furtenbacher, sprach von einem „bedrückenden Ergebnis“, nachdem Rolf Weigand am Sonntag gleich im ersten Wahlgang Bürgermeister der mittelsächsischen Kleinstadt Großschirma geworden war.

Einen „Politiker der rechtsextremen AfD an der Spitze einer Stadt im Freistaat zu sehen, erfüllt uns mit Sorge“, erklärte Furtenbacher. Der Wahlsieg Weigands indes war keine große Überraschung. Der 39 Jahre alte AfD-Politiker, der in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) geboren wurde und mit seiner Familie in Großschirma lebt, hatte gleich im ersten Wahlgang fast 60 Prozent der Stimmen geholt. Seine Mitbewerber von der Unabhängigen Bürgervereinigung sowie der CDU kamen auf 22 beziehungsweise 18 Prozent. Knapp 74 Prozent der 4400 Wahlberechtigten beteiligten sich an der Abstimmung, was für eine kommunale Wahl ein ungewöhnlich hohes Ergebnis ist.

Die Umstände der Abstimmung waren allerdings auch außerordentlich emotionalisiert. Sie war vorzeitig nötig geworden, weil der bisherige, langjährige und beliebte FDP-Bürgermeister Volkmar Schreiter im Herbst vergangenen Jahres Suizid begangen hatte. Weigand wiederum war bereits 2018 gegen Schreiter angetreten und hatte verloren. In den vergangenen Jahren hatte er das Stadtoberhaupt mit zahlreichen Dienstaufsichtsbeschwerden ins Visier genommen. „Weigand hat Schreiter den Krieg erklärt und nur nach der nächsten Gelegenheit gesucht, ihn anzuzählen“, sagte ein Stadtrat gegenüber der Chemnitzer Zeitung „Freie Presse“.

Weigand selbst war im Wahlkampf als Einzelbewerber und ohne Logo der in Sachsen vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften AfD auf seinen Plakaten angetreten. Gleichwohl weiß in der Stadt jeder, in welcher Partei Weigand Mitglied ist. Er trat bereits 2013 in die AfD ein, war Vorsitzender der „Jungen Alternative“, ist Landtagsabgeordneter sowie Kreisvorsitzender in Mittelsachsen.

Ruf als Scharfmacher

In Großschirma, wo die AfD stärkste Kraft im Stadtrat ist, tritt Weigand als bodenständiger Familienvater auf, im Landtag in Dresden dagegen, wo die AfD die größte Oppositionsfraktion stellt, gilt er als Scharfmacher. Er besuchte Treffen des offiziell aufgelösten, völkisch-nationalen Flügels, posierte auf Fotos neben dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke und dem aus der Partei ausgeschlossenen Rechtsextremisten Andreas Kalbitz.

In Kleinen Anfragen an die Landesregierung erkundigte er sich unter anderem nach der Nationalität von Frauen im gebärfähigen Alter, und im vergangenen Jahr stellte er eine Plakatkampagne gegen einen angeblichen „Genderwahn im Stundenplan“ vor, die auf Schulwegen gezeigt werden sollten. Darauf zu sehen war ein mittels Fotomontage generiertes kleines Mädchen, das einen Plüschteddy mit Penis in der Hand hält.

Weigand ist der zweite Bürgermeister in Sachsen, der via AfD ins Amt kam. Im Dezember wurde in Pirna (Sächsische Schweiz) Tim Lochner im zweiten Wahlgang zum Oberbürgermeister gewählt. Anders als Weigand ist Lochner parteilos, ging aber explizit für die AfD ins Rennen. Sein Amt trat er in der vergangenen Woche an. Dass es bisweilen einfacher ist, in der Opposition etwas zu fordern, als es im Amt umzusetzen, erfährt gegenwärtig der deutschlandweit erste AfD-Bürgermeister Hannes Loth, der im vergangenen Sommer in Raguhn-Jeßnitz (8800 Einwohner, Sachsen-Anhalt) gewählt wurde. Wegen klammer Kassen muss er jetzt womöglich, anders als versprochen, Steuern und Gebühren anheben.

Rolf Weigand wiederum wurde auch schon mit einer anderen Realität konfrontiert. Als er sich 2022 als Landrat im Landkreis Mittelsachsen bewarb, unterlag er klar dem parteilosen Kandidaten Dirk Neubauer, der für Grüne, SPD und Linke ins Rennen gegangen war.