Als Wagenknecht schon wieder Frage ignoriert, geht Klamroth plötzlich einfach weg – „unmöglich“
Bei „hart aber fair“
Als Wagenknecht schon wieder Frage ignoriert, geht Klamroth plötzlich einfach weg – „unmöglich“
Hitzige Leitkultur- und AfD-Debatte im ARD-Talk bei „hart aber fair“. Sahra Wagenknecht wird zum Störenfried – und Klamroth bockig.
München – Thüringen vor dem Showdown. Das Bundesland macht am 26. Mai den Auftakt zum Landtagswahlen-Triple im Osten im Jahr 2024. Die Frage, die über allem schwelt: Wie stark wird die AfD? Bisherigen Prognosen zufolge steuert die Partei sogar auf die Position als stärkste Kraft im Landtag zu. Auch wenn die Umfrage-Ergebnisse auf Bundesebene zuletzt doch wieder nachgelassen haben.
Wer das schaffen will, ist Mario Voigt. Der Spitzenkandidat der CDU stellte sich kürzlich gar dem AfD-Hardliner und Spitzenkandidaten Björn Höcke in einem TV-Duell. Nun stellte er sich auch im ARD-Talk bei „hart aber fair“ den Fragen zum Umgang mit der erstarkten Rechten in Thüringen. Und verrannte sich direkt mal in einer „Leitkultur“-Debatte. Zuvor wurde bereits Markus Söder bei „hart aber fair“ mit Islam-Sätzen konfrontiert.
Leitkultur-Debatte bei „hart aber fair“: Bratwurst, Aufback-Döner und ein „intellektueller Tiefflug“
Talk-Moderator Louis Klamroth will von Voigt wissen, was er denn unter Leitkultur verstehe, wie sie im CDU-Grundsatzprogramm, um den es auf dem anstehenden Parteitag gehen soll, verstehe. „Etwas Einladendes, etwas Forderndes“, erklärte der CDU-Mann sodann. Es sei eben nicht zu viel verlangt, etwa Gedichte oder den Text der Nationalhymne zu kennen. Was fällt dem CDU-Mann zu Brauchtümern in Bezug auf die Leitkultur noch ein? Thüringer Bratwurst und jemand, der einen Aufback-Döner erfunden hat.
Ein Verständnis, das zumindest ähnlich dünn scheint, wie das von CDU-Chef Friedrich Merz. Der hatte vor einigen Monaten etwa den Weihnachtsbaum zur deutschen Leitkultur erklärt. Zu dünn war die Ausführung derweil auch Philipp Türmer von der SPD. „Da kam ja nichts“, stellte der Juso-Vorsitzende entsetzt fest. Sein Fazit zu Bratwurst und Aufback-Döner als deutsche Leitkultur: „Das ist intellektueller Tiefflug“.
Bei „hart aber fair“ kriegt Klamroth keine Antwort von Wagenknecht – und dreht sich einfach weg.
„hart aber fair“-Talk driftet in wilde Vorwürfe ab – und Sahra Wagenknecht ignoriert Klamroths Fragen
Allgemein driftete der Talk zwischendurch ein wenig in wilde Vorwürfe ab. Das hatte auch mit Sahra Wagenknecht zu tun. Für ihre neu gegründete Partei BSW stehen die Chancen auf einen Einzug in den Landtag in Thüringen gar nicht so schlecht. Mit der CDU könne man laut Wagenknecht ja immerhin mal schauen, ob man über ähnliche Meinungen zu ähnlichen Inhalten reden könnte. Mit Moderator Louis Klamroth klappte das mit dem Reden im Talk aber nur bedingt.
Denn Klamroth sprach Wagenknecht zwar nicht allzu häufig direkt an. Eine wirklich passende Antwort auf seine Frage erhielt er allerdings auch nie. Das fing bereits zum Thema Leitkultur an. „Welche Bräuche und Traditionen halten die deutsche Gesellschaft für Sie zusammen?“, will Klamroth wissen. Wagenknecht antwortet immerhin, dass eine Gesellschaft „von gemeinsamen Werten konstituiert“ werde. Sie spricht über Kulturkämpfe aus einem „arroganten, privilegierten, auch grünen Milieu“, demgegenüber man sich rechtfertigen müsse, wenn man ein Verbrennerauto fährt oder Fleisch ist.
Wagenknechts Verständnis von Leitkultur bleibt unklar – Klamroths Unverständnis über ihre Antworten wird klarer
Mitten im Satz grätscht Klamroth dazwischen, fragt erneut: „Welche Bräuche und Traditionen, Frau Wagenknecht?“. Die formuliert wieder ausufernd über das „Gemeinsame“, das man wieder finden müsse. Über Großstädter, die wegen ihrer Lebensweisen kein Recht hätten, etwa auf Kleinstädter herabzusehen, „die ihr Schnitzel auch deshalb bei Aldi kaufen, weil sie sich den Bio-Laden gar nicht leisten können“. Ob sie damit meint, dass ein Schnitzel für sie zur deutschen Tradition gehört, lässt sie offen – die Frage also gänzlich unbeantwortet. Stattdessen gibt es nochmal Kritik an der CDU.
Das Bild wiederholt sich nur wenige Minuten später. Im Themenkomplex ist Klamroth mittlerweile weg von der Leitkultur und hin zur Abgrenzung von der AfD in Thüringen. Für Voigt steht die Brandmauer zur AfD in Thüringen noch immer ganz klar aufrecht. Dann bezieht Klamroth auch Frau Wagenknecht, die bereits in einer hitzigen Diskussion zwischen Voigt und Türmer immer wieder versucht, das Wortrecht zu erhaschen, wieder mit ein – und bereut es kurz darauf direkt.
Wagenknechts Ausführungen strapazieren Klamroths Nerven – „Sie finden die Frage doof, ich hätte trotzdem gern eine Antwort“
„Ist es in Ihrer Partei vorstellbar, einen Ministerpräsidenten Mario Voigt zu wählen, auch um einen Ministerpräsidenten Björn Höcke zu verhindern?“. So weit, so klar, die Frage. Kurze, prägnante Antworten liegen am Montagabend aber nicht im Interesse von Sahra Wagenknecht. Statt einem klaren „ja“ oder eben „nein“, folgt die nächste große Ausführung. „Ich finde, das ist eine völlig falsche Fragestellung“, mosert sie vorerst. Etwas bockig kommt von Klamroth schon ein „aber ich stelle sie trotzdem“ zurück. Man trete in Thüringen an, weil man etwas verändern wolle, bringt die BSW-Chefin noch hervor. „Sie finden die Frage doof, ich würde trotzdem gern eine Antwort drauf haben“, grätscht Klamroth direkt dazwischen. Das kleinkindliche Hin und Her ist noch längst nicht beendet.
Laut Wagenknecht werden „alle Probleme darauf fokussiert, dass die AfD zum Referenzpunkt wird“. Eine Entwicklung, die sie „fatal“ findet. Diese Art der Debatte hätte die AfD erst immer stärker werden lassen. „Und natürlich die desolate Politik der Ampel“. Dafür gibt es vom Publikum Applaus, vom Moderator aber sogleich die nächste Unterbrechung: „Wollen Sie meine Frage noch beantworten, oder nicht?“
Als Wagenknecht schon wieder Frage ignoriert, dreht Klamroth sich plötzlich einfach um – „unmöglich“
Wagenknecht setzt unbeirrt wieder an, sie finde es „richtig, mit der AfD zu debattieren und sich zu stellen“. Dann folgt Kritik an Voigts Vorgehen im TV-Duell gegen Höcke. Noch hört Klamroth geduldig zu, unterbricht dann wieder: „Wollen Sie meine Frage noch beantworten?“. Wagenknecht textet weiter – da dreht Klamroth sich einfach um und geht auf die andere Seite des Studios zu den weiteren Talkgästen. „Wenn Sie sie nicht beantworten, dann frage ich Robin Alexander“, sagt er störrisch, Wagenknecht schon den Rücken zukehrend. Diesmal kriegt der Moderator Applaus vom Publikum.
Es ist schon das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit, dass die Politikerin mit ausschweifenden Ausführungen im TV-Talk negativ auffällt. Auch Sandra Maischberger war kürzlich genervt von Wagenknechts unprägnante Formulierungen. Klamroth jedenfalls bekam den Unmut Wagenknechts dann direkt zu spüren. „Ich finde es unmöglich, dass Sie mich ständig abwürgen“, ruft ihm die Politikerin hinterher.
„Ich gebe Ihnen noch eine Chance“, erweicht der Moderator dann doch noch und stellt seine Frage erneut. Und diesmal erhält er auch eine Antwort, wenn auch eine sehr lange. Die Quintessenz dahinter ist aber: Wenn man auf gemeinsame Konzepte, etwa was die Bildung in Thüringen angeht, komme, wäre das „ein erster Schritt zur Gemeinsamkeit“. Ein „Mehrheitsbeschaffer von Herrn Voigt“ werde man aber nicht sein. Eine Antwort, mit der auch Klamroth sich endlich zufriedengibt. (han)