Bundeswehr-Leak: Was wissen die Russen noch?

bundeswehr-leak: was wissen die russen noch?

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius bei seinem Statement am Sonntag in Berlin.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die umfassende Aufklärung eines von der staatlichen russischen Plattform RT veröffentlichten Gesprächsmitschnitts angekündigt. In dem von Geheimdiensten abgehörten Video-Telefonats hatte vier hochrangige Bundeswehr-Offiziere über den Einsatz von Taurus-Marschflugkörpern diskutiert und dabei vor allem die Möglichkeit, wie eine direkte deutsche Beteiligung vermieden oder verschleiert werden könne.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat die Veröffentlichung eines internen Gesprächs deutscher Luftwaffen-Offiziere durch Russland als „hybriden Angriff zur Desinformation“ gewertet. „Es ist Teil eines Informationskriegs, den Putin führt“, sagte Pistorius am Sonntag in Berlin. „Es geht um Spaltung. Es geht darum, unsere Geschlossenheit zu untergraben. Und dementsprechend sollten wir besonders besonnen darauf reagieren, aber nicht weniger entschlossen.“ Es gehe jetzt auch darum, „Putin nicht auf den Leim zu gehen“, betonte Pistorius. „Es geht darum, unsere Innenpolitik auseinanderzutreiben.“ Er hoffe sehr, dass Putin dies nicht gelinge.

Der Minister sagte, ihm lägen bislang keine Erkenntnisse über weitere Leaks oder das Mithören von weiteren Telefonaten vor. Er erwartet in den ersten Tagen der neuen Woche Ergebnisse der internen Prüfung des Vorgangs – dabei geht es seinen Angaben zufolge unter anderem darum, ob die richtige Plattform für die in dem veröffentlichten Gespräch besprochenen Inhalte gewählt wurde. Die Offiziere hatten sich über die Plattform Webex zusammengeschaltet. Pistorius sicherte zu, nach der Prüfung zügig die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.

Auf die Frage nach möglichen personellen Konsequenzen sagte er: „Ich spekuliere grundsätzlich nicht vor Abschluss solcher Untersuchungen über personelle Konsequenzen. Das wäre definitiv viel zu hoch gegriffen.“ Es gehe vor allem um die inhaltlichen, die regulatorischen Konsequenzen – „und darum, ob man in irgendeiner Form disziplinarrechtlich vorgehen muss“ gegen diejenigen, die „im Zweifel, wenn es sich herausstellt, falsch gehandelt haben sollten“.

Die Sorge von deutschen Militär-Politikern und Experten richtet sich nach Bekanntwerden des abgehörten Meetings auf die Frage, welche weiteren, möglicherweise kompromittierenden Aufzeichnungen Russland in Zukunft veröffentlichen könnte. Der CDU-Militär-Experte Roderich Kiesewetter sagte, er erwarte weitere Veröffentlichungen.

Carlo Masala von Bundeswehr-Uni München sagte laut Bild-Zeitung, es „läuft eine massive Desinformations- und Destabilisierungskampagne der Russischen Föderation gegen Deutschland“. Die Leaks seien „ein Höhepunkt“. Die Leaks könnten „als Konsequenz haben, dass die Luftwaffen-Führung entlassen wird“, so Masala. Dies betreffe vor allem Generalleutnant Ingo Gerhartz, Inspekteur der Luftwaffe, der für die Position des Chefs des Nato-Kommandos in Brunssum (Niederlande) vorgesehen ist. Masala: „Ihn aus dem Weg zu räumen, wäre ein durchschlagender Erfolg der russischen Spionage und Propaganda. Die Bundeswehr hatte am Freitag laut Bild dafür gesorgt, dass Kanäle, die den Mitschnitt veröffentlicht hatten, in Deutschland blockiert wurden.“

Auch in der Ukraine warnt die Regierung vor einer großangelegten „Desinformationskampagne“ der Russen, die im Juni stattfinden soll. Wie Bloomberg berichtet, wollen die Russen die Legitimität des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj untergraben. Demnach wollen die Russen darauf hinweisen, dass Selenskyj die demokratischen Wahlen, die eigentlich in diesem Jahr stattfinden sollen, auf unbestimmte Zeit verschoben hat. Der Präsident brachte das Thema letzten Monat in einer nicht öffentlichen Sitzung mit einer Gruppe von Abgeordneten zur Sprache und forderte sie auf, dafür zu sorgen, dass die Debatte über seine Legitimität nicht verbreitet werde. Selenskyj kämpft aktuell mit schlechten Umfragewerten. Obwohl der Präsident von einer großen Mehrheit der ukrainischen Bürger unterstützt wird, zeigen Umfragen, dass sein Ansehen schwächer wird. Die Entlassung seines beliebten Top-Generals Valeriy Zaluzhnyi im letzten Monat und Rückschläge an der Front haben zu einem langsamen Vertrauensverlust geführt, so Bloomberg.

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World