Abschläge, Fünftelregelung, Sonderzahlung - Mit einer Abfindung in Frührente: So viel Geld müssen Sie aushandeln

Nicht immer ist eine Kündigung mit einer Abfindung verbunden. Rechtlich vorgesehen ist diese nur in Ausnahmefällen. Bernd Diekjobst/dpa-tmn

Deutschlands Großkonzerne bauen dieses Jahr zehntausende Stellen ab. Gespart wird meist zuerst bei älteren Arbeitnehmern, oft mit großzügigen Abfindungen. Wer richtig handelt, kann mit dem Geld direkt in die Frührente.

Mit einer Turbo-Prämie will Volkswagen sein Sparprogramm beschleunigen. Mitarbeiter aus der Verwaltungsabteilung, die sich bis zum 31. Mai freiwillig melden, erhalten neben der normalen Abfindung 50.000 Euro extra. Die VW-Prämie sticht heraus, ist aber bei Stellenabbau-Programmen keine Seltenheit. In Konzernen werden oft diejenigen Mitarbeiter belohnt, die Abfindungsangebote besonders schnell annehmen. Bayer etwa bietet in seinem aktuellen Sparprogramm 1,2 Bruttomonatsgehälter pro Dienstjahr als Abfindung. Gesetzlich vorgeschrieben sind nur 0,5 Gehälter. Wer Bayer innerhalb von sechs Monaten verlässt, bekommt noch einmal 50 Prozent Aufschlag auf seine Abfindung. Für Beschäftigte ab 57 Jahren gibt es ein Programm, bei dem die Abfindungszahlungen monatlich ausgezahlt werden. Je nach Höhe kann das zu einer Art Gehalt ohne Arbeit bis zum Renteneintritt führen.

Die Beispiele zeigen, dass seinen Job aufzugeben lukrativ sein kann. Für jüngere Arbeitnehmer ist eine Abfindung dabei eine Finanzspritze, die auch die Zeit überbrücken sollte, bis Sie einen neuen Job gefunden haben. Für ältere Arbeitnehmer stellt sich die Frage, ob das überhaupt nötig ist oder ob die Abfindung nicht auch Einstieg in die Frührente sein könnte.

So berechnen sich die Abschläge für Frührenten

Frührente bedeutet, dass Sie den Ruhestand eher antreten als es gesetzlich vorgeschrieben wäre. Das genaue Mindestalter für die Standard-Rente hängt von Ihrem Geburtsjahr ab. Wer 1964 oder später geboren wurde, für den gilt der 67. Geburtstag als Grenze. Ältere Jahrgänge können noch eher in Rente gehen, außerdem gibt es Ausnahmen für besonders langjährig Versicherte mit mindestens 45 Beitragsjahren, Schwerbehinderte und Bergleute. Wollen Sie vor Ihrem gesetzlichen Datum in Rente, müssen Sie Abschläge hinnehmen. Pro Monat sind das 0,3 Prozentpunkte, also 3,6 Prozent pro Jahr.

Diesen Abschlag können Sie aber durch eine zusätzliche Beitragszahlung ausgleichen. Wie hoch diese genau ist, erklärt Ihnen die Deutsche Rentenversicherung auf Anfrage in Ihrem Einzelfall. Dabei sind viele Faktoren entscheidend, etwa wie viel früher Sie in Rente gehen wollen und wie hoch Ihre Rentenansprüche bisher sind. Es handelt sich aber schnell um fünfstellige Beträge. Die Deutsche Rentenversicherung gibt auf ihrer Homepage als Beispiel etwa einen Fall an, in dem ein Beschäftigter drei Jahre vor der Regelaltersgrenze in Frührente gehen möchte. Bei einem Rentenanspruch von 1200 Euro brutto, was noch knapp unter dem Durchschnitt der Renten liegt, müsste er einmalig 32.600 Euro zahlen, um Abschläge zu verhindern.

Sie können die Abfindung für diese Einmalzahlung verwenden und einen früheren Renteneintritt genießen, allerdings nur, wenn Sie bereits alt genug sind. Das Beispiel zeigt, dass die Kosten für die Einmalzahlung schnell ansteigen, je früher Sie in Rente gehen wollen. Wer etwa noch jünger als 60 Jahre ist und nicht gerade ein so opulentes Angebot wie von Bayer bekommt, das bis zum regulären Renteneintritt reicht, der muss anders rechnen. Theoretisch haben Sie nach einem Jobverlust zwei Jahre Anspruch auf Arbeitslosengeld. Das beträgt 60 Prozent Ihres Gehaltes aus dem Jahr vor dem Jobverlust. Eine Abfindung müsste hier also auf jeden Fall die restlichen 40 Prozent ausgleichen. Aber: Gehen Sie freiwillig mit Abfindung und werden nicht gekündigt, gilt eine 12-wöchige Sperrfrist, in der Sie kein Arbeitslosengeld erhalten. Auch diese Zeit müsste also per Abfindung überbrückt werden.

So berechnen Sie, wie viel Abfindung Sie brauchen

Gesetzlich haben Sie einen Anspruch auf Abfindung in Höhe von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Dienstjahr. Nehmen wir an, Sie sind 58 Jahre alt und arbeiten seit 35 Jahren bei einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 5000 Euro, sind das 87.500 Euro. Die müssen zunächst versteuert werden. Die Steuerlast berechnet sich kompliziert. Ein Fünftel der Abfindung wird auf Ihr zu versteuerndes Einkommen aus dem Jahr der Abfindung aufgerechnet. Das Fünffache der dadurch fiktiv entstehenden zusätzlichen Einkommensteuerlast wird dann als Steuer für die Abfindung genommen. Im obigen Beispiel blieben von den 87.500 Euro rund 48.000 Euro netto über.

Mit diesem Betrag müssen Sie jetzt rechnen. Reicht es für eine Sonderzahlung und Frührente, hat sich die Rechnung schon erledigt. Ansonsten sollten Sie zuerst das Geld abziehen, was Sie brauchen, um die Sperrzeit bei der Arbeitslosenversicherung und die Differenz zwischen Arbeitslosengeld und letztem Gehalt auszugleichen. Anhand Ihrer normalen monatlichen Ausgaben, die Sie in einem Haushaltsbuch erfassen können, lässt sich abschätzen, wie lange der Rest der Abfindung ausreicht, ohne dass Sie einen neuen Job anfangen müssen – und umgekehrt, wie viel Abfindung Sie bräuchten, um die Zeit bis zur Regelaltersgrenze damit zu überbrücken.