Die Schönhauser-Allee-Brücke, Knotenpunkt in Prenzlauer Berg: Unten verlaufen Gleise der Deutschen Bahn, in der Mitte fahren Straßenbahnen und Autos, oben Züge der U-Bahn-Linie U2.
Im Nordosten Berlins bahnt sich ein Verkehrsprojekt an, das Anwohner, Autofahrer und die Nutzer des öffentlichen Verkehrs sechs Jahre lang in Atem halten wird. Der Abriss und Neubau der Schönhauser-Allee-Brücke rückt näher. Nun haben die Pankower Grünen ihre Forderung erneuert, die Straßenbahnlinie M1 in diesem Teil von Prenzlauer Berg während der gesamten Bauzeit weiter durchgehend zu betreiben. Doch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der Senat lehnen dies ab – unter anderem, weil der Autoverkehr auf der Schönhauser Allee aufrechterhalten werden soll.
Die Länge beträgt 23,7 Meter, die Breite 49 Meter. Wer nur auf die Zahlen schaut, kommt zu dem Eindruck, dass es sich um ein eher kleines Bauvorhaben handelt. Doch der Eindruck trügt, dieses Verkehrsprojekt im Bezirk Pankow ist komplex hoch drei. Denn es betrifft einen der wichtigsten Knotenpunkte im Berliner Nordosten. Die Aufgabe besteht nicht nur darin, eine in die Jahre gekommene Brücke abzureißen und neu zu bauen. Ziel ist auch, den Verkehr an dieser Stelle so gut es geht aufrechtzuerhalten.
Der Brückenbereich umfasst drei Ebenen. Unten, in der Ebene minus eins, verlaufen in einem Geländeeinschnitt Strecken der Deutschen Bahn. Auf zwei Ringbahngleisen rollen Fern-, Regionalverkehrs- und Güterzüge, daneben halten S-Bahnen im S-Bahnhof Schönhauser Allee – ebenfalls auf zwei Gleisen. In der Ebene null führt die Schönhauser-Allee-Brücke den gleichnamigen Abschnitt der Bundesstraße 96a über den Bahngraben hinweg. Dort tost der Kraftfahrzeugverkehr, auf der Linie M1 hält die Tram in dichter Folge. In der Ebene plus eins befindet sich der U-Bahnhof Schönhauser Allee.
Die eigentliche Brücke besteht aus drei Teilbauwerken, die seit 1886 errichtet wurden. Das U-Bahn-Viadukt, auf dem die U2 verkehrt, kam 1913 hinzu. 1962 wurde der Verbindungstunnel zwischen dem S-Bahnsteig und der Mittelpromenade eröffnet. Nach dem Mauerbau 1961 hatte sich der Verkehr verlagert, die Bedeutung des Umsteigeknotens war deutlich gestiegen. In den 1990er-Jahren ließ die BVG die U-Bahn-Anlagen erneuern. Nebenan entstanden die Schönhauser-Allee-Arcaden.
Künftig mit breitem Radfahrstreifen: Die Visualisierung zeigt, wie der Verkehrsraum auf der Brücke künftig aufgeteilt wird. Allerdings wird es wohl bis 2031 dauern, bis auch die Radfahrer mehr Platz bekommen.
Für Bauleute und Planer ist das ein kompliziertes Umfeld. Doch die Brücke muss erneuert werden. Weil das Bauwerk nicht mehr voll tragfähig ist, gilt bereits eine Gewichtsbeschränkung. Seit Juni 2020 dürfen nur noch Fahrzeuge bis 16 Tonnen die Überführung befahren. Damals begannen die Planungen für den Neubau. Anfangs war von Kosten in Höhe von 21 Millionen Euro die Rede, zuletzt ging man von 34 Millionen Euro aus. Aus fünf Jahren erwartete Bauzeit sind sechs Jahre geworden.
„Nach derzeitigem Planungsstand wird weiterhin das Ziel verfolgt, 2025 mit den ersten vorbereitenden Baumaßnahmen wie Leitungsumverlegungen zu beginnen“, sagte ein Sprecher von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU). Vorgesehen ist, die Bauleistung innerhalb von sechs Jahren durchzuführen. „Die Baumaßnahme wird aufgrund der komplexen Randbedingungen und baulichen, terminlichen und baulogistischen Abhängigkeiten in mehrere Bauphasen mit mehreren Bauabschnitten untergliedert“, hieß es in der Verwaltung.
Die Pankower Grünen stellen das nicht in Abrede. Doch in einem Antrag für die Bezirksverordnetenversammlung verlangen sie, die Belange der vielen BVG-Nutzer besser zu berücksichtigen. Derzeit ist vorgesehen, die Straßenbahnverbindung zwischen Pankow und Mitte in diesem Bereich während der gesamten Bauzeit zu kappen. „Das geht gar nicht“, sagte die Bezirksverordnete Silke Gänger. „Die M1 darf nicht einfach unterbrochen werden, denn sie ist für den Pankower Nordwesten eine Art Lebensader, die täglich von Tausenden Menschen, insbesondere von Berufspendler:innen und Schüler:innen genutzt wird.“ Die Grünen befürchten sogar bis zu acht Jahre Bauzeit.
Die Fraktion forderte eine Lösung, die eine durchgängige Beförderung auf der M1 ermöglicht. Die sinnvollste Alternative wäre, die Straßenbahn über die Pappelallee, die Wisbyer und Berliner Straße umzuleiten. Denn diese Strecke könnte auch nach dem Brückenbau genutzt werden, wenn die Schönhauser Allee wegen eines Unfalls, weiterer Bauarbeiten oder einer Demonstration nicht befahrbar ist. Eine andere Variante sieht vor, die Schienen in beiden Richtungen auf die Seite der Schönhauser Allee zu legen, auf der jeweils gerade nicht gebaut wird. BVG und Senat sollten die Vorschläge prüfen. „Alles ist besser als Umsteigen“, sagte Silke Gänger.
„Wie immer versuchen unsere Fachleute, die Einschränkungen für die Fahrgäste so gering wie möglich zu halten“, entgegnete BVG-Sprecher Markus Falkner. Er bestätigte, dass die Linie M1 nach jetzigem Planungsstand auf einem kurzen Abschnitt unterbrochen wird. Aus Richtung Mitte wird die Strecke bis an die Brücke herangeführt, auf einem Kehrgleis können die Bahnen wenden. Aus Richtung Norden biegt die M1 ab und wird zur Björnsonstraße geleitet. Zwischen den Haltestellen S- und U-Bahnhof Schönhauser Allee und Schönhauser Allee/Bornholmer Straße wird ein kurzer Ersatzverkehr eingerichtet, so die BVG. Natürlich kann man die wenigen Hundert Meter auch zu Fuß zurücklegen.
Auf diese Regelung laufe es heraus, hieß es bei der BVG. Das Unternehmen habe geprüft, ob es möglich wäre, dass die Tram während der Brückenbauarbeiten weiterfährt. Aus technischer Sicht und wegen Auflage, dass der motorisierte Individualverkehr aufrechterhalten werden sollte, wäre dies aber nicht umsetzbar, stellte das Unternehmen fest.
Eine Umleitung der M1 über die Pappelallee sei 2020 ebenfalls geprüft worden. Aber die BVG musste auch diese Option verwerfen, hieß es. Die Zeit hätte nicht ausgereicht, die Knotenpunkte Berliner/Wisbyer Straße sowie Wisbyer/Stahlheimer Straße umzubauen. Dafür wären planrechtliche Verfahren erforderlich, hieß es. Zudem wäre es erforderlich, die Bahnstromanlagen in der Pappelallee zu ertüchtigen – wofür ebenfalls Genehmigungsverfahren nötig wären.
Mehrere Varianten wurden untersucht, bestätigte die Senatsverwaltung. Doch die BVG gab ihnen nicht den Vorzug. „Nach aktuellem Planungsstand soll der Ersatzneubau im Rahmen von vier Hauptbauphasen gebaut werden, sodass trotz der sich teilweise ergebenden Einschränkungen die ortsnahe Aufrechterhaltung der Verkehrsarten gewährleistet bleibt“, hieß es im Haus von Manja Schreiner. So kann man es auch formulieren: Es wird kompliziert.
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