50.000 minderjährige Migranten verschwunden?
Laut dem Innenministerium in Wien entsprechen die Zahlen der Recherchegruppe nicht der Realität.
Eine Reportergruppe wartet mit beängstigenden Zahlen auf: In den letzten drei Jahren sollen mindestens 51.439 unbegleitete minderjährige Asylwerber aus Aufnahmezentren in Europa spurlos verschwunden sein.
Laut dem Netzwerk „Lost in Europe“ verschwinden täglich 50 Kinder oder Jugendliche. Italien liegt demnach an erster Stelle, gefolgt von Österreich. Aus dem Innenministerium in Wien heißt es auf APA-Anfrage, das vorgebrachte Narrativ des „spurlosen Verschwindens“ in womögliche kriminelle Strukturen sei aus polizeilicher Expertensicht „unhaltbar“.
Ministerium: Die meisten Abgängigen tauchen wieder auf
In den Jahren 2021 bis 2023 seien in Österreich rund 19.000 Asylwerber gezählt worden, die bei der Antragstellung behaupteten, unbegleitet und minderjährig zu sein und sich dem Asylverfahren in Österreich entzogen hätten, der Großteil davon Afghanen. Allerdings würden die meisten von ihnen nach Konsultationen mit anderen EU-Staaten im Rahmen des Dublin-Abkommens wieder auftauchen.
Den Spezialermittlern im Bundeskriminalamt sei in den vergangenen 20 Jahren kein einziger Fall von Menschenhandel mit einem unbegleiteten Minderjährigen in Österreich bekannt. In Italien dürfte sich die Situation anders darstellen: „Ausländische Minderjährige, die verschwinden, sind oft Opfer der kriminellen Unterwelt oder von Ausbeutern“, sagt Carla Garlatti, die Chefin der italienischen Kinderschutzbehörde „Garantin der Kindheit“, gegenüber der italienischen Nachrichtenagentur ANSA. „In einem Zentrum für minderjährige Mädchen erzählte man uns, dass jede Nacht ein oder zwei junge Mädchen verschwanden und dass oft Autos vor der Tür stehen, in denen Leute den Mädchen Arbeit anbieten“ erklärt Garlatti.
In früherer Untersuchung war Zahl noch viel niedriger
Auf die Anfrage von „Lost in Europe“ nach Daten haben 15 Länder geantwortet, wobei Spanien, Großbritannien, Frankreich und Griechenland auf der Liste fehlen. „Lost in Europe“ hat eine ähnliche Untersuchung im Jahr 2021 für die Jahre 2018 bis 2020 durchgeführt. Damals waren 18.000 unbegleitete ausländische Minderjährige in drei Jahren verschwunden.