Eine bürgerliche Mehrheit im Parlament hat entschieden: Stiftungen, die zur Vermögensweitergabe an die Nachkommen benutzt werden, sollen wieder erlaubt werden. Den meisten watson-Usern gefällt das nicht – unter dem entsprechenden Artikel ist der Tenor in der Kommentarspalte eindeutig.
Andrea Opel ist Steuerrechtsprofessorin – sie ordnet die Kommentare ein.
1. «Nein zum Geldverstecken!»
Andrea Opel: Unterhaltsstiftungen sind zwar in der Schweiz verboten. Jedoch kann jeder Schweizer ohne Weiteres eine Unterhaltsstiftung im Ausland errichten. Das wird auch getan. Die im Ausland errichtete Stiftung wird ohne jede inhaltliche Kontrolle im Schweizer Recht anerkannt. Es ist besser, ein eigenes Instrument zu haben, das auch inhaltlich kontrolliert werden kann. Zudem ist es auch volkswirtschaftlich vorteilhafter, wenn das Vermögen weiterhin in der Schweiz und nicht im Ausland verwaltet wird. Geld verstecken kann genau so verhindert werden.
Zur Person
Prof. Dr. Andrea Opel ist seit 2016 Ordinaria für Steuerrecht an der Universität Luzern. Sie hat 2007 mit einer Arbeit zur Besteuerung von Schweizer und liechtensteinischen Familienstiftungen promoviert und 2015 mit einem Werk zur internationalen Steueramtshilfe an der Universität Basel habilitiert. Nebst ihrer universitären Tätigkeit war Andrea Opel als Mitarbeiterin/Konsulentin in verschiedenen Anwaltskanzleien in Zürich tätig. |
Andrea Opel.
1. «Ich verstehe nicht, weshalb das schlimm ist»
Andrea Opel: Über die Familienstiftung kann verhindert werden, dass das Erbe «auf einen Schlag» an die Erben geht. Damit können Erben zuweilen überfordert sein und das Geld zum Beispiel verprassen. Über die Stiftung wird hingegen eine dosierte Weitergabe des Familienvermögens und damit eine langfristige Absicherung der Familie ermöglicht. Das ist ein legitimes Bedürfnis. Familienstiftungen werden nicht errichtet, um Steuern zu vermeiden.
1. «Familienstiftung bringt steuerlich keine Vorteile»
Andrea Opel: Genau so ist es. Steuerliche Vorteile gibt es auch daher nicht, weil Familienstiftungen steuerlich (!) grundsätzlich nicht anerkannt werden. Das Geld wird trotz Stiftung weiterhin dem Stifter oder den Begünstigten zugerechnet. Damit sind die Steuerfolgen dieselben, wenn direkt vererbt oder verschenkt würde. Auch lässt sich keine Vermögenssteuer sparen und erst recht nicht die Progression brechen.
1. «Stiftungen sind Machtvehikel für Reiche»
Andrea Opel: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Abstimmung über die 13. AHV-Rente und dem Thema Stärkung der Schweizer Familienstiftung. Wenn wir eine Familienunterhaltsstiftung in der Schweiz einführen, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit, diese inhaltlich zu gestalten. Dazu gehört auch die Schaffung von Transparenz. Im Moment werden aus der Schweiz heraus Familienstiftungen und Trusts im Ausland errichtet. Diese werden in der Schweiz rechtlich anerkannt – und zwar ohne jede inhaltliche Kontrolle. Was das Schweizer Recht untersagt, ist somit trotzdem gelebte Realität. Und: Wenn wir ein neues Geschäftsfeld in die Schweiz holen, entsteht ein volkswirtschaftlicher Nutzen. Das führt zu Steuermehreinnahmen und auch zu Zusatzeinnahmen für die AHV.
1. «Den Reichsten werden Steuergeschenke gemacht»
Andrea Opel: Steuergeschenke sind mit der Familienstiftung keine verbunden. Das Instrument dient fraglos Personen, die ein Vermögen haben. Es eignet sich insbesondere aber auch als Instrument für die Weitergabe von Unternehmen, einschliesslich von KMU. Und ich wiederhole: Es ist schon heute problemlos möglich, über eine ausländische Familienstiftung oder einen Trust genau das zu erreichen, was das schweizerische Recht untersagt. Daher liegt es auf der Hand, dass wir die Schweizer Familienstiftung stärken und damit die Wertschöpfung ins eigene Land holen. Von den damit verbundenen Steuermehreinnahmen und Zusatzeinnahmen bei der AHV profitieren alle.
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