«Von A bis Z eine Farce»: Ärger über Untersuchung am Theater Neumarkt nach Diskriminierungsvorwürfen

«von a bis z eine farce»: ärger über untersuchung am theater neumarkt nach diskriminierungsvorwürfen

Anti-Israel-Vorwürfe beschäftigen das Theater Neumarkt: Für die Untersuchung hat ein Rechtsanwalt Gespräche mit achtzehn Mitarbeitenden geführt. Christoph Ruckstuhl / NZZ

Das Zürcher Theater Neumarkt sah sich im letzten Dezember schweren Vorwürfen ausgesetzt: Der Schauspieler Yan Balistoy gab an, er werde am Theater diskriminiert, weil er Israeli sei.

In einem Brief an die jüdische Gemeinschaft in Zürich schilderte Balistoy, dass er seit August 2021 nur bei der Hälfte aller Stücke besetzt werde – weil das Theater eine libanesische Schauspielerin schützen wolle, die wie er zum siebenköpfigen Neumarkt-Ensemble gehöre. Diese Frau fürchte um ihre Sicherheit, wenn ihre Zusammenarbeit mit einem Israeli öffentlich werde. Grund dafür sei ein libanesisches Gesetz, das es Libanesen verbiete, mit Israeli zusammenzuarbeiten.

Dieses Boykottgesetz gibt es tatsächlich. Viele Libanesen ignorieren es allerdings und verkehren im Ausland trotzdem mit Bürgern des verfeindeten Nachbarstaates. Doch gerade jetzt, da die mächtige Schiitenmiliz Hizbullah, die in Libanon das Sagen hat, einen Grenzkrieg mit Israel austrägt, ist die Lage zwischen den Ländern besonders angespannt.

Diskriminierung «in keiner Form» geduldet

Gegenüber der NZZ wies das Theater die Diskriminierungsvorwürfe zurück und erklärte gleichzeitig, man werde die Anschuldigungen extern prüfen lassen. Nun ist die Untersuchung abgeschlossen, eine Zusammenfassung liegt der NZZ vor.

Für die Untersuchung hat ein Rechtsanwalt Gespräche mit achtzehn Mitarbeitenden geführt, interne und externe Dokumente geprüft sowie die Sicht eines langjährigen Kooperationspartners eingeholt. Zudem habe der Rechtsanwalt das Gespräch mit Balistoy gesucht, ein solches sei aber nicht möglich gewesen.

Die Untersuchung kommt zu dem Schluss: Diskriminierung werde am Neumarkt «in keiner Form» geduldet. Keine der befragten Personen, die am Theater beschäftigt seien, habe Diskriminierung wahrgenommen oder erlebt. Die Befragten hätten das Theater als «Ort der gelebten Diversität und Partizipation» beschrieben, an dem «Chancengleichheit und Gleichstellung auf allen Ebenen» gelebt würden. Alle Befragten hätten ausserdem eine deutliche Ablehnung von und Distanzierung zu jeder Form von Antisemitismus und antiisraelischer Gesinnung zum Ausdruck gebracht.

Es existiere eine klare Stellungnahme der Theaterleitung in Form einer schriftlichen Verhaltensanweisung, heisst es in der Zusammenfassung weiter. In dieser würden die Mitarbeitenden «zu einem würdigen Umgang miteinander aufgefordert», und es werde eine Nulltoleranz gegenüber Persönlichkeitsverletzungen zum Ausdruck gebracht. In der Untersuchung ist zudem festgehalten, dass sich die Theaterleitung bewusst und ausreichend mit dem Schutz der persönlichen Integrität ihrer Mitarbeitenden auseinandersetze.

Alles in Ordnung also?

Auffallend ist: Der expliziten Frage, ob Yan Balistoy wegen seiner Herkunft diskriminiert wurde, ist die Untersuchung gar nicht nachgegangen. Die Fragestellung lautete wie folgt: «Besteht am Theater ein Betriebsklima, in welchem es zu Diskriminierungen, insbesondere Ausgrenzungen aufgrund der Herkunft, kommt?» Und: «Bestehen am Theater die notwendigen und ausreichenden organisatorischen Massnahmen zum Schutze der persönlichen Integrität am Arbeitsplatz?»

Auch die Frage, ob Balistoy tatsächlich konsequent getrennt von der libanesischen Schauspielerin für Stücke eingesetzt wurde, wird nicht beantwortet. Er wisse dies nicht, sagt der Verwaltungsratspräsident des Theaters, Thomas Busin, auf Nachfrage der NZZ. «Als Verwaltungsratspräsident mische ich mich nicht in künstlerische Belange ein, das wäre unangemessen. Das ist Sache der Direktion.»

Er habe mehrmals das Gespräch mit Balistoy gesucht, aber dieser habe sich einer sachlichen Diskussion stets entzogen. Klar sei auch, dass an einem Theater angestellte Schauspieler nicht für jedes Stück engagiert würden. «Das ist ganz normal.»

«Eine arbeitsrechtliche Frage»

Busin sagt, er sei sehr erleichtert über das Untersuchungsergebnis. «Wir können mit Sicherheit sagen, dass es bei uns am Theater keine systematische Diskriminierung gibt.»

Darauf habe man den Fokus der Untersuchung gelegt – und nicht in erster Linie auf die Frage, ob Yan Balistoy bei der Besetzung von Ensembles diskriminiert worden sei oder nicht. «Das ist eine arbeitsrechtliche Frage, deren sich das Arbeitsgericht annehmen müsste», sagt Busin. «Es wäre zu begrüssen, wenn es hier Klärung gäbe.»

Selbst werde man hier aber nicht aktiv. «Das wäre die Sache von Herrn Balistoy.» Balistoy selbst hatte angekündigt, er werde rechtlich gegen das Theater vorgehen. Dies ist aber offenbar bis jetzt noch nicht passiert.

In Balistoys Umfeld kommt der Untersuchungsbericht schlecht an. «Diese sogenannte Untersuchung ist von A bis Z eine Farce», sagt Sacha Wigdorovits, ein Freund und Sprecher von Yan Balistoy. Schliesslich sei – wohl ganz bewusst – die Frage nicht untersucht worden, um die es eigentlich gehe: nämlich, ob der schweizerisch-israelische Schauspieler Balistoy in seiner Arbeit eingeschränkt worden sei.

Ausserdem habe der mit der Untersuchung beauftragte Rechtsanwalt es unterlassen, Balistoy von Anfang an in diese einzubinden und ihn zu befragen. «Dies wäre nötig gewesen, um sich ein besseres Bild zu machen, wie er seine Nachforschungen anstellen sollte.»

Erst kurz vor Abschluss der Untersuchung habe er den betroffenen Schauspieler zu einem Gespräch eingeladen. «Diesem ging es aber zu jenem Zeitpunkt aufgrund der Vorfälle gesundheitlich so schlecht, dass er diese Gesprächsgelegenheit nicht mehr wahrnehmen konnte.»

Für Wigdorovits ist klar: «Es ist höchste Zeit, dass die Stadt Zürich, die das Theater mit viel Geld subventioniert, selbst eine echte und glaubwürdige Untersuchung durchführt.» Denn noch immer sei die Frage unbeantwortet, «weshalb eine namhafte schweizerische Kulturinstitution sich dem diskriminierenden und antisemitischen Willen einer libanesischen Terrororganisation beugt».

Die Stadt Zürich ist die grösste Geldgeberin des Theaters, sie subventioniert es jährlich mit rund 4,5 Millionen Franken. Als die Vorwürfe von Balistoy bekanntwurden, zeigte sich die Stadtpräsidentin Corine Mauch besorgt und begrüsste die Untersuchung. Wie Mauchs Mediensprecher Lukas Wigger sagt, wurde das Präsidialdepartement am Mittwoch über die Ergebnisse der externen Untersuchung informiert. «Wir werden diese Ergebnisse nun genau studieren und diskutieren.» Bis dies erfolgt sei, äussere sich das Departement nicht.

News Related

OTHER NEWS

Live-Panne bei „The Masked Singer“: Kandidat versehentlich enttarnt

Der Kiwi ist ein Teilnehmer von „The Masked Singer“ – doch bei seiner Performance am 26. November 2023 ging etwas schief. Die Maske verrutschte und der Promi darunter wurde enttarnt. ... Read more »

Fünf Tote nach Unwetter in Region Odessa - Die Nacht im Überblick

Infolge eines schweren Unwetters sind in der südukrainischen Region Odessa mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. Weitere 19 Anwohner seien durch den Sturm verletzt worden, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr ... Read more »

Die Verkäuferin, die den Dieb in die Flucht trieb

Ein Räuber versuchte sein Glück in einer Bäckerei, nicht ahnend, dass er leer ausgehen würde. Die Verkäuferin trieb den Täter nämlich mit einem lauten Schrei in die Flucht. Nun hat die ... Read more »

In Beaver Creek begann die «Odi-Mania»: Odermatt hat sogar King Roger den Rang abgelaufen

Vier Jahre nach seinem ersten grossen Triumph in Beaver Creek hat Marco Odermatt als Skirennfahrer alles gewonnen. Und gemäss einer Studie hat der Buochser im letzten Frühling sogar «King» Roger ... Read more »

Die Katze von Taylor Swift ist das drittreichste Haustier der Welt mit einem Vermögen von 474 Millionen R$.

Veröffentlichung Olivia Benson, die Katze von Taylor Swift, hat nicht nur das Herz der Sängerin erobert, sondern zeichnet sich auch als eines der reichsten Haustiere der Welt aus, mit einem ... Read more »

Kurz zuvor sagte er noch «Ja, ich will»: Bräutigam erschiesst an Hochzeit Braut und drei Gäste

Bei einer Hochzeit in Thailand werden die Braut und drei Gäste erschossen. Der Täter: Bräutigam Chatorung S. Er richtete sich nach dem Blutbad selbst. Bräutigam erschiesst an Hochzeit Braut und ... Read more »

Bundesratswahl am 13. Dezember: FDP fürchtet Geheimplan gegen Cassis

Die FDP befürchtet bei den Bundesratswahlen ein politisches Manöver gegen ihren Magistraten Ignazio Cassis. Dabei würde der Partei ein Bundesratssitz weggenommen und dafür der Kanzlerposten zugeschanzt. FDP fürchtet Geheimplan gegen ... Read more »
Top List in the World