Brandmauer-Debatte: Warum schreiben CDU- und AfD-Politiker zusammen an Scholz?

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Ein Ausstellungstück des Taurus-Marschflugkörpers im Showroom des Herstellers MBDA in Schrobenhausen

Ein offener Brief an den Bundeskanzler ist nichts Ungewöhnliches. Wohl aber, wenn er unterzeichnet wurde von Politikern der CDU, SPD, FDP und Linke – zusammen mit der AfD. Einen solchen Brief verschickten vor wenigen Tagen Abgeordnete des Kreistags Uckermark in Brandenburg. Widerspricht das nicht dem Ansinnen, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten? Gerade der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hatte es zuletzt unterstrichen. Und nun dieser Brief, der nicht nur vom Vorsitzenden der rechtsextremen Jungen Alternative, Hannes Gnauck, unterzeichnet ist, sondern auch von der uckermärkischen CDU-Landrätin und vom CDU-Kreistagsvorsitzenden.

Die Unterzeichner – es sind 32 der 50 Kreistagsabgeordneten – fordern, keine Waffen mehr an die Ukraine zu liefern und stattdessen eine „friedliche Lösung“ herbeizuführen. Außer von den Grünen ist aus allen Fraktionen jemand dabei. Wussten die Unterzeichner, dass sie mit AfD-Leuten gemeinsame Sache machten? Auf diese Frage wird herumgedruckst. So sagte der CDU-Abgeordnete Siegfried Schön der F.A.Z. am Mittwoch, ihm sei das nicht bewusst gewesen. Er sei angeschrieben worden und habe unterzeichnet, da er den Inhalt des Briefes teile. Es dürfe nicht weitergehen mit dem Sterben in der Ukraine. „Wir sind eigentlich nicht mit der AfD einverstanden.“ Sie sei wohl „auf den Zug aufgesprungen“. Er sehe aber auch keinen Anlass, seine Unterschrift zurückzuziehen.

Die Kreisverwaltung Uckermark stellt die Sache anders dar. Auch dort wird der Brief verteidigt – aber mit dem Argument, dass man die AfD habe einbinden müssen, weil sie nun einmal wie alle anderen auch von den Bürgern in den Kreistag gewählt worden sei. Eine Sprecherin der Kreisverwaltung beschreibt die Genese des Briefes der F.A.Z. gegenüber so: Ein Abgeordneter der Fraktion „Bauern – Ländlicher Raum“ habe am 6. März in einer Sitzung des Ältestenrates darum gebeten, man möge sich im Kreistag Gedanken machen, wie man die Sorgen der Bürger angesichts des Krieges in der Ukraine aufgreifen könne.

Zu dem Zeitpunkt war die Debatte um eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine in Deutschland auf ihrem Höhepunkt. Um das Anliegen zu besprechen, habe der Vorsitzende des Ältestenrates und des Kreistages, der CDU-Politiker Wolfgang Banditt, eine Sondersitzung für den 18. März anberaumt und vorgeschlagen, man könne bis dahin darüber nachdenken, wie man vorgehen könnte. CDU, Linke und Freie Wähler hätten dann Vorschläge gemacht – und so habe das Gremium einen Text ersonnen. Ein AfD-Vertreter sei dabei gewesen

Niemand habe sich erkundigt, wer schon unterzeichnet hat

An Details wird deutlich, dass den Beteiligten durchaus klar war, dass die Kooperation eine gewisse Brisanz hat. So unterzeichneten nicht etwa die Fraktionen gesammelt den Brief, sondern überließen die Entscheidung darüber den einzelnen Abgeordneten. Diese wiederum unterzeichneten zwar mit Namen; doch es fehlt, wie sonst üblich, die Parteizugehörigkeit. Dies war nach Angaben der Verwaltungssprecherin ein „Kompromiss“, der es allen möglich machen sollte, sich zu beteiligen.

Die Abgeordneten hatten eine Woche Zeit, zu entscheiden, ob sie unterzeichnen wollten; alle hätten gewusst, dass das Schreiben an alle geht, so die Sprecherin. Niemand habe sich erkundigt, wer schon unterzeichnet habe, oder seine Unterschrift unter den Vorbehalt gestellt, dass niemand von der AfD dabei sei. Bis heute habe auch niemand seine Unterschrift zurückgezogen.

Die Landrätin und CDU-Politikerin Karina Dörk hat nach Darstellung der Sprecherin unterschrieben, weil sie „den Inhalt des Briefes richtig findet“. Der Landesvorsitzende der CDU in Brandenburg, Jan Redmann, sagte, es sei überzogen, aus dem Brief einen Tabubruch zu konstruieren.

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