Ausgang des Haushaltsstreits weiter unklar

Berlin . Dass nach dem Karlsruher Haushaltsurteil gespart werden muss, scheint klar. Entscheidungen könnten in der neuen Woche kommen. Aber selbst beim Kläger Union gibt es Meinungsverschiedenheiten. Und dann ist da noch das von Finanzminister Lindner angekündigte vorzeitige Aus der Strompreisbremsen. Es knirscht heftig in der Ampel.

ausgang des haushaltsstreits weiter unklar

Haben weiter Beratungsbedarf: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP).

In der Ampel-Koalition hat sich am Wochenende weiter kein klarer Kurs darüber abgezeichnet, wie die Regierung mit den Folgen des Karlsruher Haushalts-Urteil umgehen will. Auch in der Union, die in Karlsruhe geklagt hatte, gibt es Diskussionen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sieht Deutschland wegen der Haushaltsprobleme in einer „schweren Staatskrise“. „Diese Regierung hat abgewirtschaftet“, sagte Söder am Wochenende bei der CSU-Delegiertenversammlung zur Europawahl in Nürnberg. Er sprach sich dagegen aus, zur Lösung der Haushaltsprobleme die Schuldenbremse zu lösen. Die CDU-Länderchefs in Berlin, Sachsen-Anhalt und Sachsen wiederum hatten sich dagegen zuletzt offen auch für eine Reform der Schuldenbremse gezeigt.

Auch am Wochenende wurde in Berlin innerhalb der Koalition beraten. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und die Wirtschafts- und Energieminister der Länder wollen am Montag in Berlin ebenfalls über die Auswirkungen des Urteils sprechen. Für Dienstag hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Regierungserklärung im Bundestag angekündigt. Ob es dann schon eine Einigung in der Koalition gibt, etwa zum Haushalt 2024, ist allerdings mehr als fraglich.

Nach dem Karlsruher Urteil klafft eine große Lücke im Haushalt. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Umwidmung von Krediten von 60 Milliarden Euro aus dem Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) kündigte vergangene Woche an, dem Kabinett kommende Woche einen Nachtragshaushalt für 2023 vorzulegen. Nach Angaben seines Ministeriums will die Regierung dem Bundestag vorschlagen, eine außergewöhnliche Notlage zu erklären, was ein Aussetzen der Schuldenbremse ermöglichen würde. Damit sollen in diesem Jahr bereits genutzte Kredite nachträglich rechtlich abgesichert werden. Für 2024 jedoch sieht Lindner die Ausrufung einer Notlage kritisch, SPD und Grüne sehen das als gangbaren Weg an.

Lindner hatte auch angekündigt, dass die Regierung die staatlichen Milliardenhilfen über die Strom- und Gaspreisbremsen nicht wie geplant bis Ende März 2024 verlängern wird. Sie würden „zum Jahresende beendet“. Er begründete dies damit, dass dann der Energie-Krisenfonds WSF auslaufe, aus dem die Energiepreisdeckelung finanziert werden sollte. Nach dem Verfassungsgerichtsurteil zum Klimafonds will die Regierung auch den Krisenfonds beenden, der sich aus im Jahr 2022 erteilten Kreditermächtigungen speist. Warum? Die Karlsruher Richter hatten solche Sondervermögen neben dem regulären Haushalt für unzulässig erklärt. Die SPD sieht die Pläne Lindners jedoch kritisch und drängt auf eine Verlängerung der Bremsen bis zum Frühjahr.

Eigentlich hatte der Bundestag erst am Tag nach dem Karlsruher Urteil beschlossen, die Bremsen bis zum 31. März beizubehalten. Wirtschaftsminister Habeck sah darin eine Vorsorgemaßnahme für den Fall erneut steigender Preise. Angesichts des absehbaren Sparzwangs durch das Haushaltsurteil steht dies nun aber auch bei den Grünen nicht mehr ganz oben auf der Prioritätenliste. Derzeit seien die Preise ohnehin moderater, hieß es am Samstag beim Parteitag in Karlsruhe.

Auch die FDP erteilte Verlängerungen eine Absage. „Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds endet als Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Ende des Jahres und wird abgewickelt. Damit enden die Preisbremsen. Es ist nicht davon auszugehen, dass wir Anfang des nächsten Jahres eine Notlage bei Strom und Gas haben werden“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai unserer Redaktion.

Aus Sicht des Sozialverbands vdk muss bei einem vorzeitigen Auslaufen der Energiepreisbremsen der Staat Menschen mit geringem Einkommen auf andere Weise unter die Arme greifen. „Der Staat muss Härtefallfonds einrichten für die Personen, die ihre Heizung nicht bezahlen können“, betonte Verbandspräsidentin Verena Bentele.

Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger wiederum forderte die Ampel-Koalition auf, ihre Klimaschutzvorgaben für die Wirtschaft stark einzudampfen. „Wenn die Ampel all das, was sie sich klimapolitisch vorgenommen hat, umsetzt, kann Deutschland international nicht mehr mithalten“, sagte der Chef der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) der „Bild am Sonntag“.

Immer mehr Unternehmen geben nach Dulgers Darstellung auf, „weil von ihnen Investitionen verlangt werden, die sie nicht leisten können“. Klimaziele müssten mit marktwirtschaftlichen Instrumenten erreicht werden. Als Negativ-Beispiel nannte Dulger „die erzwungene Elektrifizierung“ und die „überbordenden Wärmeverordnungen“. Es gibt also weiter viel Diskussionsbedarf in Berlin.

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