Lisa Paus im Kinder-Interview: »Wichtig, euch eine demokratische Gesellschaft zu hinterlassen«

Lisa Paus ist Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Alma und Mila, beide 13, haben mit ihr über ihren Berufsalltag und die Pläne zur Kindergrundsicherung gesprochen.

lisa paus im kinder-interview: »wichtig, euch eine demokratische gesellschaft zu hinterlassen«

Lisa Paus im Kinder-Interview: »Wichtig, euch eine demokratische Gesellschaft zu hinterlassen«

Dein SPIEGEL: Das Ministerium, das Sie leiten, heißt Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Ein ganz schön langer Name.

Paus: Stimmt. Deswegen nenne ich das Ministerium auch anders: Bei mir heißt es Gesellschaftsministerium, weil es alle gesellschaftlichen Gruppen zusammenfasst.

Dein SPIEGEL: Wie sieht ihr Arbeitsalltag als Bundesministerin aus?

Paus: Ich bin viel unterwegs und treffe jede Menge Menschen. Montags bis freitags arbeite ich meist von 8 bis 22 Uhr und auch samstags habe ich noch zu tun. Ich bemühe mich aber, zumindest den Sonntag vollständig frei zu halten, um Zeit für meinen Sohn zu haben.

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Dein SPIEGEL: Was macht Ihnen an Ihrer Arbeit am meisten Spaß?

Paus: Dass ich Gesetze machen kann, die das Leben von Menschen direkt verbessern. Ich habe etwa eines auf den Weg gebracht, das die Qualität der Kitas erhöht. So etwas ist toll. Was auch schön ist: Durch meinen Job begegne ich häufig interessanten und teilweise auch berühmten Leuten.

Dein SPIEGEL: Wie oft treffen Sie Olaf Scholz?

Paus: Im Normalfall mindestens einmal die Woche bei der Kabinettssitzung. Dort kommen alle Ministerinnen, Minister und der Kanzler zusammen, um über verschiedene politische Themen zu sprechen.

Dein SPIEGEL: Wie wird man eigentlich Bundesministerin?

Paus: Indem man von seiner Partei gefragt wird, ob man den Job machen möchte. Bei mir waren das die Grünen, bei denen ich schon seit 1995 Mitglied bin. Heute sind die Grünen Teil der Regierung und dürfen insgesamt fünf Ministerien besetzen, unter anderem dieses.

Dein SPIEGEL: Vor Ihrem Amt arbeiteten Sie als Finanzexpertin bei den Grünen. Wie kam es, dass Ihnen der Job als Familienministerin angeboten wurde?

Paus: Es kam dazu, weil die vorherige Ministerin zurückgetreten war. Dann stellte sich die Frage, wer ihr Amt übernehmen soll. Die Wahl fiel auf mich, weil ich zehn Jahre lang die Kindergrundsicherung mitentwickelt habe – und dieses sehr wichtige Projekt als Familienministerin weiter voranbringe.

Dein SPIEGEL: Die Kindergrundsicherung soll die Kinderarmut in Deutschland bekämpfen. Wie soll das gehen?

Paus: Zurzeit ist es in Deutschland so, dass es für Familien und Kinder verschiedene staatliche Hilfen gibt, etwa das Eltern- oder Kindergeld. Aber auch noch andere, die weniger bekannt sind. Um die verschiedenen Geldbeträge zu bekommen, müssen Familien zu mehreren Ämtern gehen. Das ist alles ziemlich umständlich und kompliziert. Die Kindergrundsicherung soll das vereinfachen, indem sie alle staatlichen Hilfen für Familien zusammenfasst. Wir wollen, dass es für Eltern leichter wird, den Antrag zu stellen, und so in Zukunft mehr Familien Geld erhalten, das ihnen zusteht. Wir haben aber auch jetzt schon dafür gesorgt, dass Familien mehr bekommen, indem wir zum Beispiel das Kindergeld und die Unterstützung für arme Kinder erhöht haben.

Dein SPIEGEL: Wir haben gelesen, dass die Kinder, deren Familien nach Deutschland geflüchtet sind, keine Kindergrundsicherung bekommen sollen. Warum nicht?

Paus: Darüber haben wir in der Regierung lange diskutiert. Es ist so, dass wir uns einstimmig für Gesetze aussprechen müssen, um sie auf den Weg zu bringen. Bei diesem Punkt sind wir uns aber nicht einig geworden. Ich stand dann vor der Frage, ob das Gesetz zur Kindergrundsicherung deswegen scheitern soll – und habe mich dagegen entschieden.

Dein SPIEGEL: Auch sonst hat es lange gedauert, bis sich die Parteien zur Kindergrundsicherung einig waren. Wieso kommt es in der Ampel so oft zum Streit?

Paus: Weil wir, also die SPD, die FDP und die Grünen, sehr unterschiedliche Parteien sind. Das bedeutet, dass wir vor allem bei der Absprache zu großen Projekten oft Kompromisse schließen müssen. Und das kann dauern.

Dein SPIEGEL: Welche Folgen hat die Haushaltskrise für die Pläne zur Kindergrundsicherung?

Paus: Die Kindergrundsicherung wird aktuell bera­ten. Daran ändert sich nichts. Die Bundes­regierung kümmert sich jetzt darum, einen guten Haushalt für 2024 aufzustellen. Das ist keine leichte Aufgabe.

Dein SPIEGEL: Was wollen Sie während Ihrer Amtszeit sonst noch für Kinder tun?

Paus: So viel wie möglich. Gerade in dieser Zeit, in der es Kriege, Klimawandel und immer noch Belastungen durch die Coronazeit gibt, haben es viele Kinder und Jugendliche schwer. Umso wichtiger ist es mir, euch Jünge­ren eine demokratische Gesellschaft und einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen. Daran arbeite ich jeden Tag.

Dieses Interview erschien in »Dein SPIEGEL« 01/2024.

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