Christoph Blocher verabschiedet sich vom Albisgütli: «Me seit vo mir, i weiss es au, i seg en Sonderfall»

christoph blocher verabschiedet sich vom albisgütli: «me seit vo mir, i weiss es au, i seg en sonderfall»

«Ich bi de Blocher Stöffeli, im ganze Land bekannt»: Alt-Bundesrat besingt an der 36. Albisgütli-Tagung seinen eigenen Abschied. Ennio Leanza / Keystone

Das Albisgütli ist der Kraftort der blocherschen SVP, dekoriert mit Blumengestecken und Biberfladen am Gabentempel der Tombola. Draussen sagte der eine noch zum andern: «Einfach schön, wie damals bei Orbans Zürcher Rede nur mit Gleichgesinnten zusammen zu sein.» – «Ja», sagte der andere, «lauter Gleichgesinnte, ausser den Journalisten.» Das Albisgütli sei «das moderne Rütli», sagte Christoph Blocher am Freitagabend. In diesem Schützenhaus fasste seine SVP im Jahr 1992 die Parole gegen jede Annäherung an europäische Institutionen, und aus diesem Schützenhaus verteidigte sie seither die blochersche Vision der Schweiz.

Der Anlass ist um ihn herum gebaut. Wenn er in den Saal kommt, spielt unter dem Schweizerkreuz bereits die Grenadiermusik auf. Die Leute rufen: «Christoph!» Und er winkt. Dann betritt er die Bühne, um als Hauptredner die Inschrift des Abends zu formulieren. In diesem Jahr: «Die Welt spinnt – wir halten dagegen!»

Blochersches Medley

Es war eine typische Rede des späten Blocher, ein Medley seiner Gedankenwelt: Der Nullpunkt seiner Rede war das Jahr 1992 – seine Reden gehen immer davon aus, oder sie führen darauf zurück. Wie damals, sagte Blocher, wolle «eine EU-hörige Classe politique» die Schweiz aufgeben. Und wie damals erwarte die Kämpfer dagegen «eine wahre Güllendusche». Der Bundesrat wolle das Land durch die Preisgabe der Neutralität «in Kriege hineinziehen». «Die Welt spinnt auch in der Schweiz.» Die Rede führte ihn von einer Pointe über die abwesende Bundespräsidentin Amherd («Vielleicht irrt sie irgendwo in den Gefilden der Nato umher») über den Fall der Mauer zu Einsichten von Johanna Spyris Alpöhi.

Blocher ist immer noch (und auch über die Dauer von einer Stunde) ein herausragender Redner. Weil er die allgemeine Weltlage in den Alltag übersetzen kann: Über die Probleme der deutschen Ampelregierung sagte er, ihm als Autofahrer sei klar, dass das nicht gut kommen könne. «An einer Ampel, wo es gleichzeitig grün, rot und gelb leuchtet, muss es ja chlöpfen.» Und weil er den Alltag in die allgemeine Weltlage übersetzen kann. Lösungen für die Kriege dieser Tage gibt er mit Antworten, die er als Vater seinen Kindern gab.

Wenn er spricht, ist alles eindeutig und einfach. Neulich sei ein Student bei ihm gewesen, der nach Widersprüchen in seinen Reden gesucht habe. So erzählte es Blocher. Der Student habe keine gefunden. «Ja, klar, ich erzähle ja seit dreissig Jahren das Gleiche.»

Widersprüche in der SVP

Blocher zeigte an dem Abend aber auch, wie leicht es ihm fällt, über Widersprüche einfach hinwegzugehen. Zur 13.-AHV-Initiative der Gewerkschaften, die auch an der Basis der SVP sehr beliebt ist, sagte der Milliardär Blocher: «Warum nur eine Dreizehnte? Ich als AHV-Bezüger nähme auch noch eine Fünfzehnte.» Die SVP könne aber nicht nur Geld verteilen, sie müsse Nein sagen, auch wenn in der Partei viele Rentnerinnen oder Noch-nicht-Rentner finden: «Für jeden Seich haben sie in Bern das Geld, also reicht es auch für uns!» Blocher erwähnte nicht, dass er selbst einst aus dem gleichen Motiv seine Altbundesratsrente herausverlangte.

Daran erinnerte ihn im Albisgütli der Gastredner Pierre-Yves Maillard, Ständerat und Präsident des Gewerkschaftsbundes. Er hatte sich vielleicht erhofft, mit seiner Rede für die 13. AHV-Rente im Albisgütli der umjubelte Mann des Abends zu werden. Aber in einem Moment, da es in der SVP tatsächlich Differenzen zwischen Führung und Basis gibt, kam Christoph Blocher am Ende seiner Rede hinter dem Pult hervor, um seinen Abschied vom Albisgütli bekanntzugeben. Er sei jetzt 83 Jahre alt, und es sei zu befürchten, dass er nicht noch einmal so alt werde. Deshalb sei die 36. Rede an diesem Ort auch seine letzte.

Blocher endete mit seiner eigenen Interpretation des «Schacher-Seppeli». «I bi de Blocher Stöffeli», sang er, «im ganze Land bekannt.» Und: «Me seit vo mir, i weiss es au, i seg en Sonderfall / Im Albisgütli macht das nüt, wer schüsst, hett au en Knall.» Dann erhob sich der volle Festsaal. Blocher machte noch eine Zugabe, dann war er fertig. Kaum jemand hatte vorher davon gewusst, dass es seine letzte Albisgütli-Rede sein würde, nicht einmal der Kantonalpräsident der Zürcher SVP. Jetzt ist unklar, wie es weitergeht.

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